Vogel- und Insektenretter – worauf warten wir?
Vögel und Insekten verschwinden – viele Menschen haben das verstanden und würden ihre Gärten für Vögel und Insekten optimal ausgestalten – wenn sie wüssten wie.
1. Szene: Neulich unterhielt ich mich auf einer Feier mit einer dynamischen Frau, die begeistert und mit großer Bewunderung von einer Fernsehsendung berichtete, in der eine tolle Biologin mit einem riesigen weißen Hai gemeinsam im Pazifik schwamm. Diese Biologin tut offenbar alles in ihrer Kraft stehende, um die Meere zu retten. Die gedankliche Reaktion der dynamischen, jungen Frau war: Diese Biologin ist so toll, so etwas kann ich sowieso nie schaffen. – Den meisten Menschen geht es wohl so. Man fängt gar nicht erst an, weil der vermutete große Aufwand mit den eigenen Lebensstrukturen wahrscheinlich oder vielleicht nicht vereinbar wäre.
Unsere Natur hat riesengroße Mühe, in der Form zu überleben, in der wir sie kennen, schätzen – und brauchen! Das hat nun wohl jeder verstanden. Klimaerwärmung, sterbende Weltmeere, gigantische Plastikinseln im Meer, Mikroplastik in der gesamten Nahrungskette, rücksichtslose Ausbeutung von Ressourcen, schwindende Urwälder, Verschmutzung überall, ausbeutende und rücksichtslose Landwirtschaft, Belastung durch elektromagnetische Felder (siehe dazu unbedingt www.diagnose-funk.org und in der Schweiz www.gigaherz.ch), sterbende Vögel und Insekten – und das alles in immer rasanterer Geschwindigkeit. Es sind nur einige Stichworte, mit denen wir inzwischen regelmäßig konfrontiert werden. Nur verständlich, dass man unruhig und schlaflos wird, wenn die Welt um einen herum zugrunde geht. Die einen reagieren darauf mit einem so großen Gefühl der Ohnmacht, dass sie sich in Gleichgültigkeit fliehen, bedacht nur auf ihren momentanen Komfort, die nächste Urlaubsreise, die nächste Anschaffung unerlässlicher neuer Technik. Andere verzweifeln ob ihrer Ohnmacht, die Welt zu verändern, verdammen sich selbst zur Tatenlosigkeit. Wir Menschen neigen dazu, etwas gar nicht erst anzufangen, wenn die Aufgaben zu groß erscheinen.
Doch es gibt auch jene – und es werden immer mehr –, die sich auf die Kraft der Gemeinschaft, auf Kooperation besinnen. Viele Beispiele im Tier- und Menschenreich lehren uns, dass man durchaus viel erreichen kann, wenn viele gemeinsam daran arbeiten. Ameisen und Bienen sind uns gute Vorbilder. Aber auch unsere menschliche, arbeitsteilige Welt zeigt das.
Fangen wir also dort an, wo wir die Möglichkeit haben, „die Welt zu retten“. Das sind unsere Gärten, in denen Vögel und Insekten ebenso schwinden, wie in der übrigen Welt. Hier haben wir Einfluss und hier werden wir durch niemanden ausgebremst.
17 Mio. Gärten Deutschlands sind zusammen 930.000 ha groß. Die gleiche Fläche, die alle Naturschutzgebiete Deutschlands zusammen aufweisen.
Die ca. 17 Millionen Gärten Deutschlands sind zusammen 930.000 Hektar groß. Das ist die Größe von 950.000 Fußballfeldern und es ist genau die gleiche Fläche, die alle Naturschutzgebiete Deutschlands zusammen genommen aufweisen. Diese Zahlen (aus dem empfehlenswerten Buch von Karin Greiner, „Glück aus dem Garten“, DVA und Radio Bayern 1, S. 173) zeigen, welche großen Möglichkeiten wir haben, über unsere Gärten der Natur zu helfen. Und sie mahnen uns zum Verlassen unserer Komfortzone, zum Handeln. Ganz besonders im Hinblick auf die tägliche Überbauung und Versiegelung von täglich! 100 Fußballfeldern in Deutschland.
Viele Menschen würden ihre Gärten viel vogel- und insektenfreundlicher gestalten, wenn sie wüssten wie – auch wenn es Geld kostet. Ich selbst gehöre dazu. Wem graust es nicht vor dem stummen Frühling, den es ja schon gab. Die Biologin Rachel Carson beschrieb in ihrem berühmten Buch „Der stumme Frühling“ 1962 die – landwirtschaftsbedingt – riesigen vogelleeren Regionen im Amerika der fünfziger Jahre. Schon im Biologieunterricht der 70er und 80er Jahre
konnte man darüber lernen. Wir steuern heute mit höherer Geschwindigkeit denn je darauf zu.
2. Szene: Neulich wurde ich zu einem Hausbesuch in einer alten, großen, wunderbar restaurierten Villa gerufen. Nach der Behandlung seines Tieres zeigte mir der Besitzer seinen Garten. Er war voller Nistkästen und Futterstellen für Vögel. Der Mann hatte sich mit Hilfe des NABU und anderer Quellen tief in dieses Thema hineingefuchst. Unter dem 12 Meter hohen First waren sicher 50 Nester für Mehlschwalben angebracht. An diversen Gebäudewänden hingen Nisthöhlen für Meisen, Spatzen, Grünfinken und andere Vögel. Hinzu kamen verschiedene Fütterungsangebote für die unterschiedlichen Vogel-
arten. Es war beeindruckend!
Das Fachwissen, einen Garten so zu gestalten haben wir normalerweise nicht und wir schaffen es auch nicht, die nötige Zeit in den Erwerb solchen Fachwissens und dann in die Umsetzung zu investieren. Wie hoch müssen die Kästen für bestimmte Vogelarten hängen? Wie dicht nebeneinander? Wieviel Kästen dürfen für jede Vogelart in einem durchschnittlichen Garten hängen? Wie müssen sie beschaffen sein? Welche Vogelarten kann man wie eng nebeneinander platzieren? Welche brauchen Stangen vor dem Einflugloch, welche nicht? Wie und wo bietet man Schwalben den sonst so rar gewordenen Lehm zum Nestbau an? Welche Rolle spielen Katzen als Vogelfänger und Hühner als Insektenfänger im Biotop Garten und wie kann ich deren Auswirkungen im Rahmen halten? Fragen über Fragen ...
Als Gartenbesitzer schlüpft man ja ein wenig in die Rolle der Schöpfung und gestaltet in Kürze Zusammenhänge von Tier- und Pflanzenwelt, für die seine Evolution anderenorts tausende Jahre gebraucht hat. Das ist eine häufig unterschätzte, aber eben auch eine sehr schöne Verantwortung. Es braucht dazu nicht nur theoretisches Wissen sondern praktische Erfahrung und die wächst, wie in anderen Fachgebieten auch, erst in Jahren. So viel Zeit nimmt sich ein Laie nicht und so viel Zeit hat die Natur vermutlich nicht mehr.
Trotzdem sollten wir anfangen. Denn es gibt ja Menschen, die das Wissen und die Erfahrung bereits haben und gerne weitergeben. Und es gibt Menschen, die Zeit und Lust haben, zu lernen. Nicht nur Rentner und Pensionäre, sondern alle, deren Kinder aus dem Haus sind, oder deren Kinder die Kraft einer Initiative kennenlernen sollen, und alle, die schon längst mal etwas unternehmen wollten und nur nicht wussten wie und wo anfangen. In Kooperation mit anderen wird mit einem Mal vieles möglich.
Gärten für Vögel und Insekten optimieren – ein neues Berufsbild?
Die Arbeit, einen Garten oder Hof (auch Betriebshöfe, etc.) für Vögel und Insekten optimal zu gestalten, sollte ein eigenständiger Beruf werden. Gebraucht wird er dringend – und zwar weltweit. 17 Millionen unbetreute Kunden warten allein in Deutschland.
Aber auch private, ehrenamtliche Initiativen sind wichtig. Wir würden uns sehr dafür einsetzen, dass Menschen mit dem nötigen Wissen dieses an möglichst viele andere weitergeben können, z.B. in diversen Fortbildungen, die von Gemeinden für Jung und Alt durchgeführt werden. In den Dörfern und Gemeinden sollten öffentliche Werkstätten unterstützt werden, in denen man sich untereinander beibringt, wie Nester, Nisthöhlen und Insektenhäuser gebaut werden und in denen man dann für die Gärten produziert – erschwinglich und in großer Zahl.
In vielen Lebensbereichen gibt es Lehrer-Schüler-Verhältnisse. Schüler
werden zum Lehrer, wenn sie ausreichend Erfahrungen gesammelt haben. Das Weitergeben von erlang-
tem Wissen und Erfahrungen, genauso wie das lebenslange Lernen, machen Freude und unser Leben basiert in weiten Teilen darauf. Ob im Sport, in Ausbildung und Beruf, in jeglicher Form von Hobby oder in der Hilfe zur Selbsthilfe in der Entwicklungshilfe, Lehren und Lernen schafft Mehrwert – für jeden. Warum nicht noch viel mehr im angewandten Naturschutz?
Es wird höchste Zeit, dass wir Wissen und Taten noch viel zügiger vervielfachen als bisher. Der Zeitgeist ist so weit, dass es nur eines kleinen Anstoßes bedarf, um den Stein mächtig ins Rollen zu bringen. Vom BirdWatcher (deren es ja sehr viele gibt) zum Bird-Retter ist es nur ein kleiner Schritt.
Ich mach‘ mit!
Wir suchen Menschen, die jetzt bereit sind zu lehren oder zu lernen und die anfangen wollen, fremde und eigene Gärten für Vögel und Insekten optimal zu gestalten.
> info@dr-warzecha.de
> kontakt@warzecha-design.de
Karin Warzecha
Dr. med. vet. Matthias Warzecha